BfM/FDP-Fraktion wechselt Fronten im Meppener Stadtrat

Meppen. Die BfM/FDP-Stadtratsfraktion wechselt die Fronten. Die drei Ratsmitglieder werden für die restliche Zeit bis zur Kommunalwahl im September 2021 die „Rolle als Opposition einnehmen“. Dies ist umso erstaunlicher, als die Fraktion einst Helmut Knurbein als Bürgermeisterkandidaten unterstützte.

Zur Erinnerung: Am 25. April 2014 wählten die Meppener den unabhängigen Kandidaten Helmut Knurbein zum neuen Bürgermeister. Knurbein war der Gemeinschaftskandidat von SPD, UWG, Grünen und FDP. Er setzte sich damals völlig überraschend gegen den Amtsinhaber und CDU-Kandidaten Jan Erik Bohling durch. 

In den Folgejahren wurden viele Beschlüsse im Stadtrat einschließlich der Haushalte oft einstimmig verabschiedet. In letzter Zeit brodelt es aber hinter den Kulissen. Auch der Umgang des Bürgermeisters mit der Coronakrise hat die BfM/FDP-Fraktion letztendlich zu diesem Schritt bewogen. Das Fass zum Überlaufen brachte die Stadtratssitzung am 18. Juni 2020. Der Antrag der BfM/FDP-Fraktion, öffentlich über die Coronakrise zu informieren und zu diskutieren, wurde abgeschmettert. Auch deshalb richtet sich die Kritik nicht nur gegen Knurbein, sondern ebenfalls gegen die anderen vier politischen Parteien im Stadtrat.

Tobias Kemper sagte im Redaktionsgespräch: „Dieses große und immens wichtige Thema der Stadt gehört in die Öffentlichkeit.“ Leider bewerte Bürgermeister Helmut Knurbein diese „freundliche Anfrage von BfM/FDP als persönlichen Angriff gegen seine Person“. Er nehme politische Kritik oftmals zu persönlich. 

Zugleich kritisieren sowohl Rainer Levelink (FDP) als auch Jutta Oestreicher (BfM) die Anmerkungen des Bürgermeisters zur Coronakrise. Dieser hatte gegenüber unserer Redaktion nur von einer „Delle“ im Finanzhaushalt der Stadt gesprochen. Eine solche Einschätzung sei für die BfM/FDP-Fraktion jedoch noch viel zu früh. 

Wichtiges Signal

„Wir waren als Fraktion jedoch erst einmal positiv überrascht, als die Überlegungen der Stadt Meppen am 3. Juni öffentlichkeitswirksam in der Meppener Tagespost kommuniziert wurden, Ausgaben zu hinterfragen und sich gegebenenfalls in Zurückhaltung zu üben“, so Oestreicher.  Dies sei ein wichtiges Signal an die Bürger und Unternehmen gewesen, dass die Stadt den „Ernst der Lage erkannt hat und verantwortungsvoll mit dieser Ausnahmesituation und den geringeren Finanzmitteln umgeht“. 

Allerdings habe der Fortgang der Dinge die drei Ratsmitglieder dann schwer irritiert: Die Stadtverwaltung habe die Ratsmitglieder zwar umfassend informiert, allerdings nur „nicht-öffentlich“. Zudem zeigte sich schnell, dass mögliche Einsparungen als doch nicht mehr allzu dringlich angesehen wurden. Selbst der Neubau des Stadthauses wurde zwar kurzfristig verschoben, soll aber jetzt doch nach dem Abriss des alten Gebäudes im Frühjahr 2021 starten. Die Kosten alleine für dieses Vorhaben beziffert die BfM/FDP auf „rund zehn Millionen Euro“. Dies sei der falsche Impuls.

Für Stadtrat Corona kein Thema

Die Corona-Thematik hätte im Stadtrat öffentlich ausdiskutiert werden müssen. Dennoch fehlte in der Agenda für die Ratssitzung am 18. Juni 2020 dieser Tagesordnungspunkt. „Deshalb haben wir zu Beginn der Ratssitzung im Juni eine Ergänzung gefordert“, so Levelink. Dies wurde mit Blick auf die Statuten der niedersächsischen Kommunalverfassung jedoch untersagt. Damit wurde eine offene Diskussion ausgeschlossen. Dabei sei diese zwingend erforderlich. Die Auswirkungen der Coronakrise nur „als Delle“ im Meppener Stadtsäckel zu betiteln, sei fahrlässig. „Wir befürchten noch ein großes Nachbeben“, sagte Kemper. Auch in Meppen würden Arbeitslosigkeit, Geschäftsaufgaben sowie private und geschäftliche Insolvenzen unkalkulierbare Folgen für die Kreisstadt mit sich bringen. Die Auswirkungen für die Finanzen der Stadt seien noch nicht vorhersehbar.  

Bedenken wegen Corona

„Wir halten unsere Bedenken mit Blick auf Corona für sehr schlüssig. Trotzdem ist es uns nicht gelungen, die anderen Fraktionen und den Bürgermeister davon zu überzeugen“, sagt Jutta Oestreicher. Deshalb werde die kleine Fraktion ihre eigene Arbeitsweise hinterfragen. Eventuell habe die BfM/FDP-Fraktion anfangs nicht nachdrücklich genug auf ihre Forderungen beharrt. Nach ihrer Einschätzung tragen die anderen vier Fraktionen mit CDU (17 Sitze), SPD (9 Sitze), UWG (6 Sitze) und Grünen (3 Sitze) sowie Bürgermeister (eine Stimme) alle Überlegungen der Stadtverwaltung „ohne Weiteres“ mit. Die BfM/FDP sei „sprichwörtlich“ das fünfte Rad am Wagen und könne „kaum auf die Gestaltung unserer Stadt einwirken“. „Wir wollen aber eine wichtige Rolle einnehmen, indem wir auch unbequeme Wahrheiten aussprechen“, sagt Kemper. Auch deshalb sehen es die drei Stadtratspolitiker als Notwendigkeit an, für die restliche Zeit der Legislaturperiode eine „klar definierte Rolle als Opposition einzunehmen“.