Eine Million Euro Leerstandskosten - Flüchtlingswohnheime in Lingen nicht mehr ausgelastet

Lingener Tagespot - Lokales vom 25. Juni 2018
Von Thomas Pertz

Lingen. Rund eine Million Euro an sogenannten Leerstandskosten werden in diesem Jahr bei der Stadt Lingen entstehen, da die mobilen Heime zur Unterbringung von Flüchtlingen nicht mehr ausgelastet sind.

Das Thema sorgte für eine kontroverse Debatte in der Sitzung des Rates. Die überplanmäßige Ausgabe wurde gegen die Stimmen von Grünen und Bürgernahen genehmigt.

Wie die Verwaltung zuvor mitgeteilt hatte, sah die Planung ursprünglich eine 100-prozentige Erstattung dieser Kosten unter Annahme einer hohen Belegungsquote vor. Diese Annahme ist inzwischen aber von der Wirklichkeit überholt worden. Die elf mobilen Wohnheime, die über das Lingener Stadtgebiet verteilt und unterschiedlich groß sind, verfügen über insgesamt 388 Plätze. Aktuell sind rund 150 Plätze nicht belegt, wie Erster Stadtrat Stefan Altmeppen auf Nachfrage der Redaktion erläuterte.

Die Stadt hat 2015 Verträge über fünf Jahre für die Belegung der Wohnheime eingehen müssen und entsprechende Finanzzusagen gegeben. Die Kostenerstattung über den Landkreis für die untergebrachten Menschen deckt die tatsächlichen jedoch nicht mehr. Pro Monat entstehen derzeit über 80.000 Euro an Mehrkosten in Lingen. Hochgerechnet auf das ganze Jahr drohte somit eine Deckungslücke in Höhe von einer Million Euro, die es nun per Ratsbeschluss zu decken galt.
Hilling: Gemeinsame Kraftanstrengung

CDU-Fraktionsvorsitzender Uwe Hilling sagte, dass die Unterbringung von Flüchtlingen grundsätzlich eine Aufgabe des Landkreises sei, der auch die Frage der Kostenerstattung geregelt habe. „In einer großen, gemeinsamen Kraftanstrengung ist es gelungen, die hohe Anzahl der Flüchtlinge Ende 2015/Anfang 2016 in neu geschaffenen und vom SKM bereuten Flüchtlingsunterkünften unterzubringen“, sagte Hilling. Eine anderweitige Unterbringung sei aufgrund des nicht ausreichend vorhandenen Wohnraums so schnell nicht möglich gewesen. Es könne und dürfe daher nicht sein, dass die Stadt bei der Finanzierung dieser Unterkünfte wegen der zurückgehenden Flüchtlingszahlen alleingelassen werde. Deshalb appelliere die CDU an den Landkreis Emsland, „uns hierbei nicht im Stich zu lassen und eine für alle Beteiligten tragfähige und akzeptable Lösung der Finanzierungsfrage hinzubekommen“.
Fuest: Der Landkreis ist mit im Boot

Michael Fuest, Fraktionsvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen, betonte, dass im Zusammenhang mit den Flüchtlingsbewegungen ein Blick in die Zukunft für alle Beteiligten sicherlich schwer gewesen sei. Die Stadt habe bei der Unterbringung schnell reagiert, „aber seit eineinhalb Jahren war ein Umschalten notwendig“. Der Landkreis sei mit im Boot gewesen und sollte, so Fuest, einen Teil der Summe übernehmen.

Es gehe hier nicht nur um die Verantwortung des Landkreises, erklärte Robert Koop, Fraktionsvorsitzender der Bürgernahen. Er warf der Verwaltung fehlendes Controlling im Rathaus vor, denn es habe seit eineinhalb Jahren einen signifikanten Rückgang bei den Flüchtlingszahlen gegeben. „Dann muss die Verwaltung wesentlich eher reagieren“, meinte Koop.

Ihm widersprachen Dirk Meyer von der FDP und Erster Stadtrat Altmeppen. Die Stadt Lingen stehe ja nicht allein mit diesem Problem, betonte der FDP-Politiker. „Ich weiß nicht, wie das auch bei bestem Controlling besser hätte gelöst werden können“, sagte Meyer. Altmeppen widersprach der Darstellung, dass gesunkene Flüchtlingszahlen die Kostenentwicklung vorhersehbar gemacht hätten. Tatsächlich würden sich aktuell mit 1459 Flüchtlingen über 100 mehr in der Stadt befinden, als noch vor zwei Jahren. Sie könnten aber eben unter bestimmten Umständen, dazu gehöre die Dauer des Aufenthaltes oder eine Veränderung ihres Status‘ als Flüchtlinge, auch außerhalb der mobilen Heime Wohnungen in Lingen anmieten.

Auf Nachfrage der Redaktion sagte Altmeppen weiter, dass die Stadt in Gesprächen mit dem Landkreis nach einer Lösung suchen wolle, was die fehlende Kostendeckung anbelangt. Es gebe außerdem Überlegungen in der Verwaltung, dort, wo dies möglich sei, eine andere Nutzung für die Wohnheime zu finden.