FDP im Lingener Rat fordert mehr Mut bei Entscheidungen

Gespräch mit Beeck und Meyer
FDP im Lingener Rat fordert mehr Mut bei Entscheidungen

Lingen . Seit der letzten Kommunalwahl am 11. September 2016 sind fast drei Jahre vergangen. Zeit, für eine Bestandsaufnahme: Wo steht die Stadt Lingen zurzeit? Welche Aufgaben sind vordringlich? Was kann verbessert werden? Dazu haben wir die Fraktionen zu Gesprächen mit der Redaktion eingeladen. Den Auftakt machen Jens Beeck und Dirk Meyer von der FDP.

Finanzen

Niedrige Arbeitslosenquote, eine gute gewerbliche Entwicklung und florierende Wirtschaft: Lingen und dem Landkreis gehe es finanziell gut, betont Fraktionsvorsitzender Beeck. Ein schuldenfreier Landkreis sei schon etwas Besonderes. „Eigentlich müsste auch die Stadt Lingen schuldenfrei sein: Da hätten wir uns mehr Vorsorge für die Zukunft gewünscht“, meint der Bundestagsabgeordnete. Denn die Zeiten können, so Beeck und Meyer mit dem Hinweis auf die aktuelle Situation beim Nutzfahrzeughersteller Krone in Werlte, schlechter werden. Dies würde sich dann auch auf die Entwicklung der Gewerbesteuer auswirken.

Wohnungsbau

Beeck und Meyer begrüßen, dass die Kommune mehr Aktivitäten entwickelt, um günstigen Wohnraum zu schaffen, halten aber die dazu gegründete Wohnungsbaugenossenschaft Lingener Wohnbau für den falschen Weg. Der Weg dorthin habe viel zu lang gedauert. Statt der komplizierten Konstruktion der Genossenschaft wäre es angesichts der Niedrigzinsen nach ihrer Auffassung einfacher und schneller gewesen, wenn die Stadt Lingen selbst in Eigenregie 40 bis 60 Quadratmeter große Wohnungen bauen würde. „Zumal die Konstruktion, dass der Stadtbaurat und die Stadtkämmerin als Vorstand der Wohnbau gleichzeitig Genehmigungsbehörde für andere Investoren sind, auch nicht ganz unproblematisch ist“, erklärt Beeck.

Nachverdichtung

„Die Rosenstraße ist anders zu bewerten als die Meppener Straße“, verweist Beeck auf die kontroversen Debatten bei der geplanten Schließung von Baulücken oder dem Abriss bestehender Häuser und die Errichtung von größeren Einheiten an gleicher Stelle in Wohngebieten. Aber an einer innerörtlichen Erschließungsstraße wie der Meppener Straße müsse mehr möglich sein. „Wenn nicht da, wo dann?“, fragt Meyer. „Wenn wir mehr Wohnraum schaffen wollen ohne allzu großen Flächenverbrauch, müssen wir mutiger sein“, forderte Beeck.

Auf ein anderes Problem weist sein Fraktionskollege Meyer in den Ortsteilen hin. Bürger, die sich dort von ihren inzwischen zu groß gewordenen älteren Einfamilienhäusern trennen und eine Eigentumswohnung kaufen wollen, „stehen vor einer Finanzierungslücke. 160.000 Euro für das alte Haus und 220.000 für die Eigentumswohnung – das passt nicht.“

Pläne und Gutachten

Kritisch sehen die Liberalen im Lingener Stadtrat die aus ihrer Sicht zu starke Zunahme bei der Vergabe von Gutachten vor kommunalpolitischen Entscheidungen. „Mit dem Verkehrsgutachten kommen wir jetzt erst in die Spur“, kritisiert Meyer. Auch für den „Masterplan Innenstadt“ geht nach dem Geschmack der FDP zu viel Zeit ins Land und die geplante Sanierung des Rathausnebengebäudes sei eine „unendliche Geschichte“. Es gebe viele Beschlüsse, „aber es bewegt sich nichts“, meint Meyer. Hier stehe der Oberbürgermeister in der Verantwortung, so die beiden FDP-Politiker.

„Warum werden so viele Gutachten für städtische Vorhaben benötigt?“ fragt Beeck und liefert seine Antwort gleich mit: „Weil wir nicht den Mut haben, selbst zu entscheiden.“ Der Gutachter wisse es häufig auch nicht besser, wie das Beispiel Traditionsgastronomie Wilhelmshöhe zeige. Dort sei in der Vergangenheit „viel Geld versenkt“ worden. Jetzt gebe es dank des Trägervereins ein Konzept. „Wir müssen auch mal die Dinge zu Ende bringen“, fordert Beeck mehr Tempo.

Kultur

Die Stadt Lingen hat nach Auffassung der FDP mit ihren verschiedenen Einrichtungen einen herausragenden kulturellen Stellenwert in der Region. Aber dass der Besucher dazu einmal einen Hinweis bekomme, wenn er auf dem Marktplatz stehe, könne er nicht sehen, meint Beeck: „Die Stadt sollte das Einzigartige stärker pflegen.“

Schulen und Kindertagesstätten

Die FDP spricht sich für mehr Kitas in kommunaler Trägerschaft aus und warnt angesichts des Drucks in den einzelnen Kommunen vor einem Wettbewerb untereinander um Fachkräfte. Die einzige weiterführende Schule in Trägerschaft der Stadt Lingen, das Schulzentrum Friedensschule, gelte es, stärker zu unterstützen. „Gemacht ist da noch nichts, wohl geplant“, sagt Beeck.

Verkehr

„Wenn wir unsere Verkehrssituation in Lingen verbessern wollen, müssen wir auch die Nachbargemeinden hinzunehmen und gemeinsame Konzepte entwickeln“, sagt Meyer. Eine leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur muss nach Auffassung der FDP ein Miteinander aller Verkehrsteilnehmer ermöglichen. Dazu gehöre das Auto ebenso wie der Radfahrer. Wenn dieser aber das Recht habe, auf der Straße zu fahren und der Gesetzgeber künftig eine Abstandsregelung zum Auto von 1,50 Metern vorschreibe, „geht das in Lingen an keiner Stelle“, betont Beeck. „Ich freu mich auch über jedes Blumenbeet in der Straße“, meint der Fraktionsvorsitzende. Die müsse es aber nicht auf Verkehrsachsen wie der Kaiserstraße geben. „Staus dort machen die Luft nicht besser“, erklärt der Liberale.