"Peinliches Trauerspiel" - Lingens Oberbürgermeister will einen neuen Aufzug von der Bahn
Lingener Tagespost - Lokales vom 19.02.2019
Von Wilfried Roggendorf und Katharina Schulte
Lingen. Eine „unendliche Geschichte“ unter dem Motto „Und täglich grüßt des Murmeltier“ ist die Serie von Ausfällen des Aufzuges zum Gleis 2 des Lingener Bahnhofs. Während die Bahn Fragen zu Ursachen und Maßnahmen weitestgehend unbeantwortet lässt, regt sich in der Politik Unmut über die Situation.
Rollstuhlfahrer und Gehbehinderte, Eltern mit Kinderwagen oder schwächere Menschen mit schwerem Gepäck: Sie alle sind auf den Aufzug angewiesen, wenn sie die Züge Richtung Norden erreichen wollen. Eine Serie von Ausfällen des Aufzuges verhindert dies oft. Wie häufig das schon der Fall gewesen ist? „Ist kurzfristig nicht ermittelbar“, erklärt eine Sprecherin der Bahn knapp.
Auch zur Ursache des jüngsten Ausfalls am Samstag, keine 24 Stunden, nachdem eine rund zwei Wochen dauernde vorherige Störung beseitigt worden war, lagen der Bahnsprecherin keine Informationen vor. Mehrfach ist aufgefallen, dass auf Internetseiten der Bahn der Aufzug den Status „In Betrieb“ hatte, obwohl er nicht funktionierte. Auf eine entsprechende Nachfrage hin bedankt sich die Bahn für diesen Hinweis. „Wir lassen es prüfen“, sagt die Sprecherin der Bahn.
Bahn verweist auf regelmäßige Wartung
Sie verweist darauf, dass alle Aufzüge der Deutschen Bahn einer regelmäßigen Wartung unterliegen würden. „Bei größeren umfangreichen Störungen ziehen wir den Hersteller hinzu“, erklärt die Bahnsprecherin. Besteht die Möglichkeit, Personenzüge in Lingen nur noch an dem barrierefreien Gleis 1 halten zu lassen? „Dazu bedarf es umfangreicher Fahrplanänderungen, die dann im gesamten Zugverkehr entlang der Strecke Auswirkungen haben“, behauptet die Bahn. Der Gleiswechsel bei Ein- und Ausfahrt könne zu Verzögerungen von mehreren Minuten führen. „Dann verpassen reisende gegebenenfalls Anschlusszüge oder es kommt in anderen Bahnhöfen zu Schwierigkeiten beim Begegnungsverkehr“, sagt die Bahnsprecherin.
Lingens Oberbürgermeister Dieter Krone erklärte in einer Stellungnahme, dass sein Geduldsfaden in Sachen Aufzug endgültig gerissen ist: „Ich erwarte, dass dieses peinliche Trauerspiel endlich ein Ende findet.“
Die Situation sei schlichtweg untragbar und für alle die reinste Zumutung. „Es ist eine Unverschämtheit, dass Betroffene ihrem Schicksal überlassen werden und an der steilen Treppe zu Gleis 2 stranden.“ Krone hat laut seinen Angaben mit „unmissverständlichen Worten“ drei Forderungen an die Bahn gestellt: 1. Im Falle eines defekten Aufzuges sollen alle Züge ausnahmslos auf Gleis 1 einfahren. 2. Echtzeitinformationen über Ausfälle auf der Internetseite der Bahn und deren App. 3. Austausch des rund zehn Jahre alten stark reparaturanfälligen Aufzuges.
Bahn erreicht ihr Ziel nicht
Die Deutsche Bahn habe Filiz Polat, Bundestagsabgeordnete der Grünen aus dem Landkreis Osnabrück, auf ihre Anfange hin eingeräumt, dass sie ihr Ziel, eine Aufzugverfügbarkeit von 95 Prozent, in Lingen nicht erreichen könne. Die Bahn hoffe laut einer Mitteilung von Polats Abgeordnetenbüro aber, dass die aktuell eingeleiteten Maßnahmen die Probleme dauerhaft beheben könnten. „Das verlange ich auch von der Deutschen Bahn“, betont Polat und ergänzt: „Der Deutschen Bahn stünde es gut zu Gesicht, die andauernden Probleme nun endlich umfassend und nachhaltig zu beseitigen.“
Birgit Kemmer, Sprecherin der emsländischen Grünen-Kreistagsfraktion, ergänzt: „Diese Pannenserie mit einer Vielzahl von Gründen – von Instandsetzungen an der Türmechanik über Wasserschäden bis hin zu Störungen des Aufzugsnotrufs – muss nun endlich ein Ende haben.“
Beeck wendet sich an Bahnchef
Der Lingener FDP-Abgeordnete Jens Beeck ist Mitglied im Sozialausschuss des Bundestages und teilhabepolitischer Sprecher seiner Fraktion. Wegen der vielen Mängel hat Beeck am Montag Richard Lutz, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bahn, angeschrieben. „Ich teile ausdrücklich die Empörung vieler Reisender mit Behinderungen, die Züge nicht betreten oder verlassen können, die unnötigen Verschlechterungen beim Mobilitätsservice der Bahn {…}“, heißt es in dem Schreiben. Auch auf die Situation in Lingen geht Beeck ausdrücklich ein und fordert vom Bahnchef, „die immer wieder auftretenden technischen Probleme beim Aufzug am Bahnhof Lingen anzugehen und für eine dauerhaft verlässliche Lösung zu sorgen.“
Die gute Nachricht zum Schluss: Seit Montagnachmittag funktioniert der Aufzug zu Gleis 2 im Lingener Bahnhof wieder – offen bleibt wohl erneut die Frage, für wie lange diesmal.