Politiker und das soziale Netz - Diskussion in Wietmarschen

Lingener Tagespost - Lokales vom 01.07.2017
Beim Grafschafter Online-Stammtisch haben in Wietmarschen Kommunalpolitiker über ihre Aktivitäten in sozialen Medien berichtet.
Von Christiane Adam
Wietmarschen. Trump twittert täglich. Nicht erst seit der Präsident der USA seine politischen Statements über den Kurznachrichtendienst Twitter heraushaut, nutzen Politiker Social Media-Kanäle, um die Wähler zu erreichen. Sabine Nuffer, Social-Media-Managerin aus Nordhorn und Begründerin des Grafschafter Online-Stammtischs, hat in Wietmarschen nachgefragt, wie Politiker aus der Grafschaft Bentheim und dem Emsland es mit ihrer Präsenz im Internet halten.
Sieben Vertreter unterschiedlicher politischer Lager und Ebenen haben sich Nuffers Fragen im Stiftscafé Menke gestellt. Um es vorwegzusagen: Twitter nutzt keiner der Anwesenden. Einige hätten zwar einen Account eingerichtet, behandelten diesen aber eher stiefmütterlich, räumte etwa Andre Mülstegen, CDU-Ratsherr aus Nordhorn, freimütig ein. Hingegen verfügt jeder der Politiker über eine Facebookseite. „Da sind alle, damit ist die Reichweite sehr groß“, war die einhellige Begründung für das Engagement auf Facebook. Doch wie am besten nutzen?
Oft fehlt die Zeit
Claudia Middelberg, grünes Ratsmitglied aus Schüttorf, findet es wichtig, ihre privaten Social Media-Aktivitäten von ihren politischen zu trennen. Auch der Faktor Zeit sei bei Facebook nicht zu unterschätzen: „Ich würde gerne mehr Fragen beantworten und Stellungnahmen abgeben, aber dazu fehlt mir als ehrenamtliche Politikerin einfach die Zeit.“
Reinhold Hilbers, CDU-Landtagsabgeordneter für die Grafschaft Bentheim, sieht in Facebook allerdings auch die Möglichkeit der Zeitersparnis. „Wenn ich all das telefonisch oder brieflich machen müsste, was ich jetzt an Dialog mit den Bürgern leisten kann, wäre das unmöglich. Social Media verändert unser Kommunikationsverhalten. Die Qualität muss allerdings stimmen, es darf nicht nur schnell, schnell gehen“, unterstrich Hilbers.
Kai Schmidt, der sich als „Lehrerschmidt“ auf Youtube einen Namen gemacht hat und sich selbst als „politisch Aktiver in dritter Reihe“ bei der Initiative Pro Grafschaft bezeichnet, geht sogar noch einen Schritt weiter: „Mir ist wichtig, das Feld im Internet nicht den Vollidioten zu überlassen. Ich habe das Gefühl, die klugen Köpfe haben sich zurückgezogen“, behauptete er.
Auf Diskussionen im Netz hätte sich Middelberg früher eingelassen, aber sie habe gemerkt, die Erwartungshaltung sei zu hoch: „Das hält man zeitlich nicht durch.“ Ähnliche Erfahrungen hat Jens Beeck, Bundestagskandidat der Liberalen aus Lingen, gemacht. Der Termindruck sei ohnehin sehr hoch. Deshalb sei er froh, ein Team aus ehrenamtlichen Unterstützern für seine Social-Media-Aktivitäten zu haben.
Nach althergebrachten Wahlkampfmitteln wie Plakaten oder Hausbesuchen gefragt, gab es unterschiedliche Ansichten. Thomas Brüninghoff, FDP-Kreisvorsitzender in der Grafschaft, könne sich durchaus vorstellen, dass es eines Tages Wahlwerbung nur noch in digitalisierter Form gebe, etwa auf LED-Wänden. Wichtig sei, immer Herr über seine Social-Media-Aktivitäten zu sein. Harry Brooksnieder, SPD-Stadtrat aus Nordhorn, meint aber, das Stadtbild müsse sich vor einer Wahl verändern, damit die Bürger auf diese aufmerksam würden.
Auf die persönliche Ansprache auch in Zukunft nicht verzichten möchten Beeck und Middelberg, die sogar noch Handzettel selber herumbringen. „Man kommt dabei oft ins Gespräch und sieht viel“, stimmte Brüninghoff dem zu.